Restaurierung von sechs Möbelstücken und einer Werkbank von Andreas Fischer, 1920er Jahre
Stiftung Landschaftsmuseum Obermain, Kulmbach
Im Rahmen der stadthistorischen Ausstellung des Landschaftsmuseums Obermain auf der Plassenburg werden verschiedene Räume zur Wohnkultur aus Kulmbacher Nachlässen präsentiert. Neben einem Rokoko- und einem Biedermeierzimmer wird auch eine Bauernstube ausgestellt. In zum Teil in die Ausstellungsarchitektur integrierten Vitrinen, also im direkten Bezug zu einer bäuerlich volkstümlichen Zimmerausstattung, befinden sich aktuell einige florale und figürliche Schnitzwerke Andreas Fischers und müssen dort auf den Besucher in diesem Zusammenhang wie Fremdkörper wirken. Denn Andreas Fischer (1857-1939) hatte als Pferdebauer im Austrag seiner Schnitzleidenschaft in höchst eigener, tief religiös beeinflusster Kunstauffassung Gestalt gegeben. Sein im Museumsbestand erhaltenes Oeuvre umfasst über 60 Schnitzereien. Bis heute wirken seine Figuren nicht nur originell, sondern in ihrer ernsten Ausstrahlung geradezu archaisch und urzeitlich. Aber sein Ideenreichtum erstreckte sich nicht nur auf seine figürlichen Schnitzereien – vielmehr gestaltete Andreas Fischer sein gesamtes Lebensumfeld in dem ihm eigenen Stil. So verzierte er selbst seine Zimmereinrichtung mit den charakteristischen Stilelementen, die schon seine Schnitzereien ausmachen. Ergänzt wurde dies durch Wandmalereien, zu denen er die Schablonen selbst fertigte. Andreas Fischer stellt also nicht nur ein rares Beispiel für die Alltagskunst eines Austragbauern dar, sondern ist im Kontext von Zeit und gesellschaftlicher Stellung, ein seltenes und ungewöhnliches Zeugnis für das menschliche Bestreben sich individuell zu verwirklichen, einzurichten und sich seinen unmittelbaren Lebensraum nach den eigenen Wünschen zu gestalten.
Wir freuen uns mit Hilfe der Ernst von Siemens Kunststiftung, Möbel und Werkbank Andreas Fischers mit den bereits in der Dauerausstellung befindlichen Schnitzwerken zu einem Gesamtensemble vervollständigen zu können. Dadurch wird das Ausstellungsareal um einen regional identitätstragenden und authentischen Bereich der Alltagskunst sinnvoll bereichert.
„Nach Abschluss der Restaurierungsphase ausgesuchter Möbelstücke aus dem Andreas Fischer Bestand des Landschaftsmuseums Obermain, sollen diese Exponate zukünftig die Dauerausstellung im Bereich Wohnkultur bereichern. Mit Hilfe der Ernst von Siemens Kunststiftung können Möbel und Werkbank die bereits ausgestellten figürlichen Schnitzwerke Andreas Fischers zu einem Gesamtensemble vervollständigen und dadurch das Ausstellungsareal um einen regional identitätstragenden und authentischen Bereich der Alltagskunst profilieren.“
Nina Schipkowski, Leiterin Städtische Museen auf der Plassenburg
Abbildungen:
1 Restauratorin Iris von Künßberg in Ihrer Werkstatt auf Schloss Wernstein
2 Nina Schipkowski, Leiterin Städtische Museen auf der Plassenburg
3 Aufsatzvitrine, um 1920, Holz, geschnitzte Applikationen, farbig gefasst (in Depotsituation)
© Städtisches Museum auf der Plassenburg
»Schwerpunkt der geplanten Arbeiten ist die Erhaltung des authentischen Charakters dieser Zeitzeugen der 1920/30er Jahre. Ziel ist es, sie als originale Artefakte mit ihren historischen Oberflächen, den handwerklichen Bearbeitungsspuren Andreas Fischers und ihren späteren Gebrauchsspuren zu konservieren. Die Wiederherstellung ihrer Standfestigkeit ist ebenso die Voraussetzung zum geplanten Ausstellungszweck. Ein ebenso spannendes wie ungewöhnliches Projekt zur Sichtbarmachung von historisch überkommener Alltagskultur in Landschaftsmuseum Obermain.«
Restauratorin Iris von Künßberg
Ein Projekt der Corona-Förderlinie für Selbständige in Museen und Sammlungen