Sächsischer Serpentin (Sammlung Jahn), 16. bis 18. Jahrhundert
GRASSI Museum für Angewandte Kunst, Leipzig
Mit dem Ankauf des Serpentin-Konvoluts aus der Sammlung Jahn, Hamburg, hat unser Bestand an sächsischen Serpentinsteinarbeiten eine große Bereicherung erfahren. Alle erworbenen Stücke waren zusammen mit weiteren Objekten aus der Sammlung Jahn und zahlreichen anderen internationalen Leihgaben bereits 1995/1996 auf der ersten großen Ausstellung zum sächsischen Serpentinstein in unserem Haus zu sehen. Im Vorfeld dazu wurde die Sammlung Jahn erstmals 1988 erfasst, wissenschaftlich bearbeitet und der größte Teil zum ersten Mal im Begleitbuch zur Ausstellung publiziert.
Schon seit der Antike schrieb man dem Serpentin- oder Schlangenstein die magische Kraft des Giftschutzes zu. Ausgangspunkt und Zentrum der Serpentinverarbeitung in Sachsen war seit Mitte des 15. Jahrhunderts der Erzgebirgsort Zöblitz. Unter Kurfürst August von Sachsen erlebte die Serpentinverarbeitung seit dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts einen beispiellosen Aufschwung. In Zöblitz entstand die einzige Serpentindrechsler-Innung Europas. Zunächst vor allem für den Dresdner Hof bestimmt, waren die höchst subtil gedrechselten und häufig kostbar gefassten Serpentingerätschaften in ganz Europa von den fürstlichen Tafeln bald nicht mehr wegzudenken und in nahezu allen höfischen und kirchlichen Schatzkammern vertreten.
Schlichter in Zinn gefasste Trink- und Vorratsgefäße eroberten seit dem 17. Jahrhundert auch die bürgerlichen Haushalte. Die erworbenen Humpen und Schraubflaschen zeigen verschiedene charakteristische Schliffprofile. Meister- und Beschauzeichen auf den Fassungen sind wichtige Anhaltspunkte für Datierungsfragen. Weitaus seltener sind die raffinierten fassförmigen Büchsen mit eingeschraubtem Trinkbecher. Sie ließen sich als praktisches Thermosgefäß benutzen und platzsparend aufbewahren. Außergewöhnlich schön und ebenfalls nicht häufig zu finden, sind Tee-Koppchen mit facettenförmig geschliffenen Wandungen. Es ist zu vermuten, dass die ersten auf der Dresdner Jungfernbastei hergestellten Böttgersteinzeuggefäße mit Facettenschliffen unmittelbar von den zeitweise ebenfalls dort gedrechselten und geschliffenen Serpentin- und Jaspisgeschirren beeinflusst wurden. Zartwandige Teedosen aus Serpentinstein waren vor der Erfindung und Verbreitung des Meißener Porzellans ebenfalls sehr begehrt. Absolut singulär ist die von einem Delphin aus Koralle bekrönte urnenförmige Deckelvase in nobler klassizistischer Gestalt.
Dr. Eva Maria Hoyer
© GRASSI Museum für Angewandte Kunst, Leipzig