Salome (Lovis Corinth)

Schlossmuseum Weimar

Das 1899 entstandene Gemälde „Salome mit dem Haupt des Johannes“ bedeutete für Lovis Corinth den Eintritt in die künstlerische Gesellschaft Berlins. So notierte er 1899: „Er (W. Leistikow) war enthusiasmiert davon und bat mich, das Bild der Berliner Sezession zu geben, die es mit tausend Freuden ausstellen würde und erwartete von diesem Bild einen kolossalen Erfolg. Es trat so ein. Ich wurde für Berlin eine ‚Kapazität‘.

Corinth beschäftigte sich mehrfach mit dem Thema. Das Bild der Gertrud Eysoldt als Salome von 1903 nimmt das zentrale Motiv der „Salome mit dem Haupt des Johannes“ wieder auf: Salome präsentiert den abgeschlagenen blutigen Kopf des Johannes auf einer Schale als Szene aus dem Theaterstück von Oscar Wilde. Während in den ersten beiden Fassungen Salome mit der rechten Hand das Auge des getöteten Johannes öffnet, wird diese Geste bei dem Porträt der Eysoldt zu einer die Haare des Geköpften zurückstreichenden Bewegung umgedeutet. Aus der theatralisch-historischen Szenerie in den ersten beiden Fassungen ist im Porträt die psychologische Studie einer großen Schauspielerin und Rolle geworden.

Corinth wird heute weniger seiner Motive wegen geschätzt, bei deren Auswahl der Künstler noch in bildungsbürgerlichen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts ankert, sondern mehr aufgrund seiner Malweise, die auch die spät gemachten Erfahrungen der von ihm verehrten französischen Impressionisten in eine sehr demonstrative materialbetonte Malweise einband. Die Farbe – dicke und, wie es scheint, schnell aufgetragene Schichten – ist viel mehr als die Linie Träger der bildnerischen Information. Nur im Bildnis der Eysoldt selbst konzentriert Corinth eine differenzierende Malweise, um den besonderen Ausdruck aus Siegesgewissheit und zugleich aufkommendem Entsetzen über die Tat in dem Gesicht der Schauspielerin zu spiegeln.

Das Bild der Gertrud Eysoldt gehört zu den großen Porträtschöpfungen Corinths. Das Motiv bezeichnet seine Vorliebe für das Antikische und Alttestamentarische. Es geling ihm jedoch in diesem Bild, die den antiken Themen manchmal anhaftende Drastik oder unfreiwillige Komik zu vermeiden und zu einer neuen Formen- und verknappten Bildsprache zu kommen.

Thomas Deecke

Abbildung: ©Schlossmuseum Weimar, Klassik Stiftung Weimar
Lovis Corinth (1858-1925)
Salome (Gertrud Eysoldt), 1903
Öl / Leinwand, 108 x 84cm
Schlossmuseum Weimar, Klassik Stiftung Weimar