Samuel Bellin, Rom-Panorama von der "Casa Claudia" bei Piazza Trinità de' Monti

Casa di Goethe, Rom

Ein wichtiger Sammlungsschwerpunkt der Casa di Goethe, Deutschlands einzigem Museum im Ausland, sind Ansichten aus dem 18. und 19. Jahrhundert von Rom und der Umgebung. Eine spektakuläre Bereicherung der Sammlung des römischen Goethehauses sind daher vier wertvolle Rom-Panoramen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kulturstiftung der Länder und des Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien Ende 2010 aus dem römischen Kunsthandel angekauft werden konnten. Die äußerst seltenen graphischen Blätter stammen von Samuel Bellin (1799–1893), Noël-François Bertrand (1784–1852), Philipp Gerhard Stöhr (1793–1856), und Eugène-Louis Lequesne (1815–1887). Gemeinsam ist den Zeichnungen der von der Gegend um die Kirche Trinità de’ Monti aufgenommene Blick auf die Stadt. Den Höhepunkt bildet zweifellos die große Panoramazeichnung, die der Engländer Samuel Bellin im Jahr 1832 vom Palazzo Zuccari (heute Sitz der Bibliotheca Hertziana) fertigte. Zusammengesetzt ist diese erst vor kurzem wiederentdeckte Graphit-Vorzeichnung aus fünf Bögen. In einem Sehwinkel von rund 180 Grad bietet sie einen Blick vom Turm der Villa Malta bis zur Doppelturmfassade von Trinità de’ Monti. Dafür nutzte der Künstler ein neues Verfahren: mit einem viereckigen Rahmen, den er drehbar über einem festen Punkt fixierte, hielt er den im Rahmen erscheinenden Landschaftsausschnitt zeichnerisch fest. Sein Panorama ist daher nicht nur eine bedeutende topographische Aufnahme von höchster Präzision, sondern zugleich eine Inkunabel der Bildgattung des Panoramas, das für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts als Vorläufer des Films gilt. Bellin dokumentiert die Stadt in der letzten Phase der päpstlichen Herrschaft, und der Betrachter erhält so noch einen Eindruck von dem Rom Goethes. Die Ansichten sind eine Seltenheit und damit eine große Bereicherung für die Sammlung der Casa di Goethe und die Forschung. Zum ersten Mal wurden sie dem römischen Publikum anlässlich der Ausstellung Blicke auf Rom präsentiert (Februar–Mai 2011). Die Rom-Panoramen werden künftig immer wieder – konservatorische Vorgaben berücksichtigend – in der Dauerausstellung Goethe in Italien gezeigt.

Dorothee Hock

 

Abbildung:

Samuel Bellin, Rom-Panorama von der "Casa Claudia" bei Piazza Trinità de' Monti, 1832, Bleistift und Kohle auf fünf zusammengesetzten Bögen, 35 x 230 cm, © Casa di Goethe, Rom