Teppichentwurf von Benita Koch-Otte für das Direktorenzimmer im Bauhaus Weimar, um 1923

Bauhaus-Archiv, Museum für Gestaltung, Berlin

Benita Koch-Otte gilt als eine der herausragenden deutschen Textilgestalterinnen des 20. Jahrhunderts. Im April 1920 begann Koch-Otte ihre Ausbildung am Bauhaus Weimar, die sie nach dem Besuch des Vorkurses in der Weberei fortsetzte. Hier zählte sie bald zu den engagiertesten und profiliertesten Schülerinnen, wurde 1923 als Gesellin angestellt und war mit ihren Web- und Knüpfarbeiten schon früh auf wichtigen Ausstellungen und Messen vertreten. Nach ihrem Weggang vom Bauhaus leitete sie von 1925–1933 die Weberei an der Burg Giebichenstein und von 1934–1957 die der Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel. Mit ihrer Lehrtätigkeit prägte Koch-Otte mehrere Generationen von Textildesignerinnen maßgeblich.

Der durch die Ernst von Siemens Kunststiftung erworbene Teilnachlass umfasst Entwürfe für ausgeführte (17 Blatt) und unausgeführte Textilarbeiten (68 Blatt) aus den Jahren 1921–1930. Diese vorwiegend in Aquarell ausgeführten Blätter zeichnet eine leuchtende und zugleich fein abgestimmte Farbigkeit aus. Sie spiegeln Koch-Ottes Auseinandersetzung mit den wichtigsten künstlerischen Strömungen am Bauhaus eindrücklich wider, insbesondere mit den Werken ihrer Lehrer Johannes Itten, Oskar Schlemmer, Paul Klee und Wassily Kandinsky sowie des De Stijl-Künstlers Theo van Doesburg. Variationen besonders gelungener Entwürfe geben dabei Einblicke in die Entwicklungsprozesse der handwerklichen Produktion. Minuziöse Bleistiftrapporte, in denen die Arbeitsschritte festgelegt werden, ergänzen die farbigen Werke. Unter den Aquarellen findet sich auch der Entwurf für den heute verlorenen Knüpfteppich für das Direktorenzimmer von Walter Gropius in Weimar mit seinen differenzierten Mustern und seinem harmonischen Farbspiel. Auf einzigartige Weise lassen sich an Benita Koch Ottes vielfältigen Farb-, Material- und Technikstudien die Grundlagen der Bauhaus-Pädagogik ablesen und darüber hinaus neue Erkenntnisse über die Entwicklung und Ausrichtung der Textilwerkstatt gewinnen.

Dr. Astrid Bähr

Abbildung:

Benita Koch-Otte (1892–1976), Teppichentwurf für das Direktorenzimmer im Bauhaus Weimar, um 1923, Aquarell über Bleistift auf Transparentpapier, montiert auf Karton, 17,7 x 17,9 cm, Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, Inv. Nr. 2016/171