Thora-Schild (Ichenhausen)

Jüdisches Museum Augsburg / Stiftung Ehemalige Synagoge Ichenhausen

„Dies gehört Nathan Hirsch, Sohn des Abraham Michael Heilbronner und seiner geehrten Frau Feiga, hier in der Gemeinde Ichenhausen“ (Widmungsinschrift)

Das Meisterzeichen belegt als Künstler des kunstvoll gearbeiteten Thoraschilds den Augsburger Goldschmied Leonhard Tobias Drescher. Bislang sind nur wenige Goldschmiedearbeiten Dreschers nachweisbar.

Die geschweifte Schildplatte wird von Akanthuslaub und Rocaillen eingefasst. Die Innenfläche zeigt zudem getriebene Blütenzweige. Zwei bekrönte Löwen, die mit ihren Hinterbeinen auf gedrehten Säulen stehen, halten die Tafeln mit der Widmungsinschrift. Die Täfelchen sind austauschbar. So erklärt sich, dass die Lebensdaten des genannten Besitzers und die Entstehungszeit des Thoraschildes differieren. Nathan Hirsch Heilbronner war laut Seelenbeschrieb des Staatsarchiv Augsburg „vom 30.09.1810 ¼ jahr alt“. Zum gleichen Datum waren sein Vater Abraham Michael Heilbronner achtundvierzig Jahre als und seine Frau vierunddreißig. Die Zuordnung des Schildes an Nathan Hirsch erfolgte daher erst im 19. Jahrhundert. Als oberer Abschluss des Schildes dient eine von der Fläche abstehende Krone. Am unteren Rand hängen an Ösen drei Glocken.

Die ehemalige 2. Synagoge Ichenhausen – ein spätbarocker Bau von Joseph Dossenberg mit frühklassizistischem Einschlag im Deckenbereich – war Versammlungsort einer der größten jüdischen Landgemeinden Bayerns. Die Aufträge an Augsburger Golschmiede, Kultgeräte für den jüdischen Gottesdienst zu schaffen, waren zahlreich. Heute sind jedoch nur mehr wenige Werke erhalten. Bei diesem Thoraschild handelt es sich um eine seltene Kostbarkeit. Ein weiteres Augsburger Vergleichsstück aus der Zeit des Rokoko ist nicht bekannt. Die Authentizität des Thoraschildes wurde 1995 durch eine Materialanalyse von Prof. Dr. Ernst Ludwig Richter, Staatliche Akademie der bildenden Künste Stuttgart, bestätigt.

Moritz Schmid

Abbildung: ©Jüdisches Museum Augsburg Schwaben

Leonhard Tobias Drescher (1737/63-1787)
Thoraschild
Augsburg 1765-67
Silber (81,5%), der Feingehalt entspricht der Augsburger Verordnung des 18. Jh. / gegossen, getrieben, ziseliert und teilvergoldet
36,5 cm hoch und 26cm breit
Augsburger Beschauzeichen von 1765/67
Jüdisches Museum Augsburg Schwaben / Stiftung Ehemalige Synagoge Ichenhausen