Vorlage für eine Tapisserie: Philippe de Hondt, La Marche 1715
Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen
Das Gemälde ist eine der ganz wenigen erhaltenen Bildvorlagen für eine Tapisserie. Im Auftrag von Judocus de Vos (1661-1734), dem damaligen Leiter der größten und bedeutendsten Wirkteppich-Manufaktur in Brüssel, hatte der Landschafts- und Genremaler Philippe de Hondt Entwürfe für die Behänge der „Zweiten Kriegskunst-Folge" geschaffen, von der auch Kurfürst Max Emanuel von Bayern (reg. 1679-1726) um 1722-24 eine Ausfertigung für sein Neues Schloss in Schleißheim bei München erwarb. Philippes Vater, Lambert de Hondt (gest. 1708), hatte schon um 1695 für die „Erste Kriegskunst-Folge" der Brüsseler Manufaktur Le Clerc und Van der Borcht - die ebenfalls im Neuen Schloss Schleißheim hängt - Vorlagen geliefert.
Die Tapisserien schildern vor allem Szenen am Rande des großen Kriegsgeschehens, wie das Feldlager und das Fouragieren, eine Plünderung oder einen Hinterhalt. La Marche zeigt Offiziere der Kavallerie auf einer Anhöhe, gefolgt von ihren Truppen in einer weiten Landschaft. Da den Wirkern während des Arbeitsvorgangs am Webstuhl die Rückseite des Wirkteppichs zugekehrt war, ist die Bilddarstellung der Vorderseite der Tapisserie seitenverkehrt zum Gemälde; Farbgebung und Komposition entsprechen dagegen dem Ölbild.
Bisher sind nur zwei weitere, ebenfalls unsignierte Bildvorlagen zu den Behängen der „Zweiten Kriegskunst-Folge" bekannt geworden. Das Gemälde La Marche von Philippe de Hondt, der als Entwerfer für Tapisserien seinerzeit den Stil der Brüsseler Manufakturprodukte maßgeblich prägte, ist insofern eine besonders glückliche Ergänzung zur komplett erhaltenen Wirkteppich-Folge am historischen Ort im kurfürstlichen Paradeappartement Max Emanuels im Schleißheimer Schloss.
Dr. Sabine Heym
Abbildung: