Wilhelm Hauschild, 11 Entwürfe zu den Wandgemäldezyklen in Schloss Neuschwanstein 1882/85
Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, München
König Ludwig II. von Bayern hatte während der Planungen zu seiner „Neuen Burg“ an Richard Wagner geschrieben, der Bau werde „Reminiscenzen“ an dessen Musikdramen enthalten. So wurden in der Architektur szenische Motive aus „Tannhäuser“ und „Lohengrin“ zitiert und in den Räumen des Palas Wandgemäldezyklen der mittelalterlichen Sagen geschaffen, auf die Wagner sich bezogen hatte. Hier allerdings hatte der Bauherr ausdrücklich angeordnet: „Die Bilder in der neuen Burg sollen nach der Sage und nicht nach der Wagnerischen Angabe gemacht werden.“ Es wurden also die historischen Quellen von Wagners Werk herangezogen, wie sie seit den 1820er Jahren von Philologen nach und nach veröffentlicht worden waren. Dementsprechend wurde das ikonografische Programm Neuschwansteins von einem damals berühmten deutschen Philologen verfasst: Hyazinth Holland, der auch die Titel der Bilder vorgab.
Zehn der neu erworbenen Entwürfe betreffen den Zyklus der Gudrunsage, den W. Hauschild 1883/4 im Vorplatz zum Sängersaal ausführte. Der elfte Entwurf zeigt eine Episode aus der Legende der heiligen Elisabeth von Thüringen, Bestandteil des vielschichtigen Bildprogramms des Thronsaals und 1886 ausgeführt. Während es für die bildliche Darstellung der Elisabethlegende historische Vorbilder gab, musste für die mittelalterlichen Sagen ein neuer Formenkanon entwickelt werden, an dessen Ausprägung maßgeblich Julius Schnorr von Carolsfeld mitwirkte. Der theatrale Aspekt von dessen Historienmalerei kommt in den Werken Hauschilds in Neuschwanstein noch viel stärker zur Geltung als bei den Carolsfeldschen Vorbildern.
Alle 11 Entwürfe wurden in Neuschwanstein ausgeführt. So kann der Betrachter nun in der Gegenüberstellung von Entwurf und Werk das alte Spannungsfeld des Künstlers zwischen Invention und Auftrag hier in seltener Deutlichkeit nachvollziehen.
Uwe Gerd Schatz
Abbildung: