Zwei Glanztonvasen aus Athen für München
Staatliche Antikensammlung und Glypothek, München
Seit etwa 600 v. Chr. überziehen Töpferbetriebe in verschiedenen griechischen Landschaften hochwertiges Gebrauchs-geschirr ganz oder in weiten Teilen mit schwarzem Glanzton. Neben den schwarz- und später dann rotfigurig bemalten Vasen macht diese Ware bald einen beträchtlichen Teil der Feinkeramik aus und wird in großer Zahl exportiert.
Bei der Glanztonware lenkt kein Dekor von dem zeitlosen Design ab. Im Gegenteil macht der brillante metallisch-schwarze
Glanzton den Gefäßkontur noch anschaulicher. Bis heute besticht die mit höchster Präzision und sicherem Stilempfinden
geschaffene, elegante Form mit ihren ausgewogenen Proportionen. Einzelne Stücke wie die beiden jetzt erworbenen Vertreter der Gattung ragen aus der Masse heraus. Zwar trägt keine der Glanztonvasen eine Töpfersignatur, doch man kann davon ausgehen, dass solche Meisterwerke von den besten Töpfern ihrer Zeit geformt und gebrannt worden sind.
Von der zweiten Hälfte des 6. bis ins späte 5. Jahrhundert v. Chr. beherrscht Athen den Markt für Feinkeramik fast konkurrenzlos. Auch die besten Glanztongefäße stammen aus den Werkstätten im Kerameikos. Die attischen Töpfer übernehmen unter anderem die im 7. Jahrhundert v. Chr. in Korinth entwickelte Form des Kolonettenkraters, eines Weinmischkessels mit säulenförmigen Henkeln. Anders als das Vorbild besitzt das attische Pendant aber einen stärker profilierten Fuß. Das prächtige Exemplar aus dem vorletzten Jahrzehnt des 6. Jahrhunderts v. Chr. ist nicht vollständig schwarz bemalt, sondern wir finden noch einen Strahlenkranz über dem Fuß, und zwei auf den Glanzton gesetzte weinrote Horizontallinien auf der Schulter betonen die maximale Ausladung des Gefäßkörpers.
Während sich in der rotfigurigen Vasenmalerei die elegante Einheitsschale mit weitem, flachem Becken auf hohem Fuß seit
530 v. Chr. durchsetzt und eine der dominierenden Formen in den attischen Werkstätten spätarchaischer und frühklassischer Zeit überhaupt ist, bildet sie innerhalb der Glanztonkeramik jener Zeit eine seltene Randerscheinung. Ein außergewöhnlich qualitätvolles Exemplar aus den Jahren um 500 v. Chr. vertritt den technisch besonders anspruchsvollen Schalen-Typus B, dessen Kontur ungebrochen bis zu einer niedrigen Stufe auf der Fußoberseite fließt. Formgebung und Glanztonauftrag sind von solcher Perfektion, dass man an einen der berühmten Töpfer wie Kachrylion oder Euphronios denken möchte.
Dr. Florian S. Knauß
Bilder:
Kolonettenkrater, attisch
520 – 510 v. Chr.
Ton
H. 32,5 cm
Trinkschale, attisch
um 500 v. Chr.
Ton
H. 7,5 cm, Dm. 19,8 cm