Zylinderbureau (A. und D. Roentgen)

Schloss Mannheim / Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Abraham und David Roentgen begannen um 1770 Chinoiserien für ihre Marketerie zu verwenden und brachten sie mit Hilfe des pfälzischen Einlegespezialisten Michael Rummer zur Perfektion. Durch Intarsien aus stark gefärbten Hölzern wie Ahorn, Buchs oder Birke werden die Oberflächen zu unverwechselbaren Kunstwerken. Maler wie J. Zinck oder E. Gervais lieferten die Bildmotive. Jean Pillement gab mit seinen Stichen Anregungen zu den idyllischen Szenerien. Wie sehr die „Chinoiserie-Möbel“ geschätzt wurden, zeigt z.B. ein von Roentgen gefertigtes Geschenk der französischen Königin Marie Antoinette an den Papst.

Das Mannheimer Zylinderbureau aus der Werkstätte A. und D. Roentgen in Neuwied wurde um 1771/1772 geschaffen und mit einer aufwendigen Marketerie verziert. Es gehört zu den herausragenden Werken der deutschen Möbelherstellung im 18. Jahrhundert. Der Typus des Zylinderbureaus, auch als Bureau à la Kaunitz nach dem österreichischen Diplomaten am Pariser Hof benannt, stellt eine Kombination von Behältnis- und Schreibmöbel dar. So schiebt sich durch Herausziehen der Schreibplatte automatisch die zylinderförmige Abdeckung zurück. Vorbilder für derartige Möbel waren Thomas Chippendales Desk and Bookcase, die der englische Designer in seinem The Gentlemen and Cabinet-Makers Director 1762 veröffentlicht hatte. Eingezogene Beinnische oder geschweifte Fußklötze sind typische Elemente englischen Formengutes. Die entwicklungsgeschichtliche Bedeutung des Mannheimer Schreibmöbels liegt somit auch in der Verbindung von seiner Schlichtheit der Formen des Klassizismus mit den locker gestreuten, rokokohaften Chinoiserien nach Vorlagen von Jean Pillement.

Ein direkter Kontakt der Roentgen zum Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Die Inventarverzeichnisse der Residenz Mannheim lassen aber die Vermutung zu, dass das Zylinderbureau nicht erst durch den badischen Großherzog Karl Friedrich, sondern bereits unter dem pfälzischen Kurfürsten, welcher seit 1779 in München residierte, nach Mannheim gelangte. Auch David Roentgens Reise zum Grafen Riaucourt erlaubt diesen Schluss.

Wolfgang Wiese

Abraham und David Roentgen
Zylinderbureau
1772/1772
Nussbaum / Rosenholz / Ahorn / Obstholz / Blindholz / Eiche
Beschläge: vergoldete Bronze
114,5 cm hoch und 126,5cm breit sowie 70cm tief
Schloss Mannheim, Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg